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"Uriel" 

Musik zu einem Film von Christian Schumacher für computergesteuertes
Klavier und Violine (bzw. elektr. Violinenklänge)

Entstehungsjahr: 1994
Dauer: 25'
Medien: DVD/Video VHS (PAL) (2-Kanal)

Uriel, ein poetischer Film mit und über Theater, der in ungewöhnlichen Bildern, in einer besonderen Sprachform erzählt. In vierzehn Themenbereichen, mit zumeist fließenden Übergängen, behandelt der Film nicht nur die heutige Theatersituation. Die Zuschauer sehen eine Mischung aus Spielfilm, Dokumentation und Experimentalfilm. Eine der Problemstellungen des Regisseurs war es, Gegensätze zwischen Realität und Profanität, zwischen Alltag und Bühne zu vereinen, in eine Geschichte einzubinden und so einen Teil des Theaterlebens festzuhalten. Die Schauspieler als individuelle Menschen auf dem Weg zu sich selbst - oder in eine andere Richtung. Der Film beinhaltet einige Textstellen aus Georg Büchners "Dantons Tod", die abschnittsweise über die gesamte Länge nach inhaltlichen Gewichtungen verteilt wurden.

Der Regisseur Christian Schumacher wählte im Vorfeld einige Musikstücke (Haydn: 2. Satz aus der Sinfonie G-Dur Nr.94, Pergolesi: "Stabat Mater" sowie einige Takte aus der Ouvertüre zu "Figaros Hochzeit") aus, die er nach unsren Absprachen für bestimmte Passagen einsetzte. Um die Großform des Films zu wahren und eine kettenartige in sich verschlungene Sequenz der Stücke mit den Textzitaten zu erreichen, setzte ich meiner Musik außer ihrer Eigen- entwicklung auch eine quantitative Komponente hinzu und erarbeitete drei Blöcke: einen relativ kurzen Abschnitt (ca.6´, nach der längeren Einleitung von Haydn), später den größeren Teil der Filmmusik (Block 2 ca.7´+ Block 3 ca. 9´, nach Pergolesi und Mozart) , die den Film bis zum Abspann begleitet und immer mehr an Dominanz bzw. Intensität gewinnt, wobei die Archivmusiken kontinuierlich verkürzt werden. Die Zeitabschnitte der Musiken verhalten sich in der Form diametral, fast wie extreme Spiegelbilder, zueinander.
Die im Zusammenhang mit AFSTS entstandenen Stücke für computergesteuertes Klavier und Violinenklänge haben bewußt nichts mit den Archiveinspielungen gemeinsam und sind auch "räumlich" von diesen abgesetzt. Die Materialgrundlage dieser Filmmusik, die in sich so gestaltet ist, daß auch Überschneidungen mit dem gesprochenen Text teilweise möglich sind, lieferte vielmehr ein Straßengeiger (Viorel) rumänisch-ungarischer Herkunft, der für dieses Projekt bei seiner Arbeit in Wuppertal gefilmt und aufgezeichnet wurde.
Die bildliche Verwertung innerhalb der Filmstruktur fand aus konzeptionellen Gründen nicht statt. Aus den minutenlangen Bändern wählte ich aber einige Stellen der wiederkehrenden, volksliedartigen Motive aus und setzte die Extrem- bzw. Durchschnittswerte für die verschiedenen musikalischen Parameter seiner Spielweise nummerisch fest. Diese bildeten die Programmierung von AFSTS. Es enstanden keine Variationen über die "Lieder", sondern neue, algorithmisch erzeugte, musikalische Abschnitte aus den Grundstrukturen des vorgefundenen Materials, eine Improvisation des Computers über die eingegebenen parametrischen Grenzwerte, ohne das Original jemals zu kopieren bzw. zitieren zu wollen. Eine Entwicklung innerhalb der Filmmusik findet insofern statt, als daß die im ersten Teil vorherrschende extremere musikalische Abstraktion (Lage, Einsatzabstände, Tondauer, Intervalle, Dichte etc.) im zweiten Teil zuerst abgebaut, die Musik also quasi immer faßlicher, der Originalmotivik scheinbar ähnlicher wird, später jedoch in einer anderen Weise wieder zunimmt.
Der Spannungsverlauf ist schwankend , bezieht sich jeweils auf die verschiedenen Szenen, Situationen sowie Personen des Films und stellt eine subjektive Reflexion über die fragmentarischen Handlungen dar, ohne besonders emotional bzw. programmatisch zu wirken.

Christian Schumacher. Geb. 1964 in Hamm/Westfalen. Lebt in Berlin. Nach seinen Praktiken in Druckereien und Werbeagenturen (1983-85) und einem einjährigen Aufenthalt in Israel absolvierte er 1986-93 ein Studium für Kommunikationsdesign mit Schwerpunkt Film in Wuppertal. Seit 1986 Produktion von zahlreichen
Kurz-,Werbe-und Imagefilmen. 1990 übernahm er die Regie für "Zeit-Worte" (eine Dokumentation über die BRD) i.A. des Goethe-Instituts, mit Unterstützung der ARD für eine weltweite pädagogische Präsentation in Verbindung mit Ausstellungen. 1993 folgte ein Drehbuch im Auftrag von Inter-Nationes, Bonn und dem Goethe-Institut zu
einer 26-teiligen TV-Serie.